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Gastbeitrag Dieter Siebald: Bier war früher nicht so ohne!

Ich möchte mich kurz vorstellen, mein Name ist Dieter Siebald – leider braue ich nicht selbst, habe mich aber geschichtlich mit dem Bierbrauen unser Stadt Waldkappel beschäftig und auch schon einen Vortrag darüber gehalten. 

Im Jahre 1854 nach dem großen Brand wurde das Brauen eingestellt. Das Brauhaus abgerissen, heute erinnert nur noch der Name einer Straße daran, die Braugasse! 

Das Bier wurde sogar von Luther getrunken und von Goethe, die in Waldkappel, im nicht mehr vorhandenen Hotel zum Goldenen Adler genächtigt haben. Heute sieht man außerhalb der Stadt nur noch geringe Reste eines Bierkellers, in dem ich als Kind noch selbst gestanden habe, heute eine Behausung für Fledermäuse. 

Um Waldkappel, zwei Flüsse, die Schemmer und die Wehre, dort wurden die Rohstoffe für das Brauen, der Hopfen und die Gerste angebaut! 

Im Bild unten steht ihr die Reste vom alten Bierkeller, kann man sich gar nicht vorstellen, dass ich noch als Kind in ihm stand.

Hauptsache es machte wirr im Schädel, Fliegenpilz, Stechpalme, Maiglöckchen, Bilsenkraut, Ochsenblut und Rindergalle!

Im Spätmittelalter panschten Bierbrauer, wie es ihnen gefiel. Das Reinheitsgebot von 1516 machte Schluss damit. Es ist bis heute noch das älteste, gültige Lebensmittelgesetz der Welt!

Die Zeiten waren düster um das Jahr 1516, Bauernaufstände, Reformationsfehden, Hunger, Krankheiten und Krieg bestimmten das Leben der Menschen. Die Ernten fielen mager aus und nicht selten kam es vor, dass das wenige Getreide, statt beim Bäcker, in einem Braubottich landete. Denn jedermann war es erlaubt, so viel Bier zu brauen, wie er wollte, und das tat das Volk gar zu gerne.

Um die Weizen- und Roggenernte für das Backen von Brot zu retten, griff der bayerische Herzog Wilhelm IV. durch. Im Frühjahr 1516 erließ er eine bis heute gültige Verordnung, die das Bierbrauen stark veränderte. Er gestattete, dass die Gerste, eher unwichtig zum Brotbacken, zum Bierbrauen benutzt werden solle!

Das Bier sollte mit Gerste, Hopfen und Wasser gebraut werden. Mit diesem Erlass legte er mutwilligen Bierpanschern das Handwerk.

Um den Geschmack zu verbessern und die betörende Wirkung des Gebräues zu verstärken, hatten die Heimbrauer oftmals gefährliche Experimente durchgeführt. Es wurden Kiefernwurzeln, Kümmel, Schafgarbe, Schlehen oder Wacholder verwendet. Auch der hochgiftige Fliegenpilz, Stechapfel, Maiglöckchen oder Bilsenkraut wurde zum Gebräu beigemengt.

Um die Manneskraft zu stärken und dem Bier Färbung zu geben, wurde Rindergalle und Ochsenblut hinzugegeben. Die Folgen waren schwere Räusche mit Halluzinationen. Überdosierung der Rohstoffe führten zu Brechreiz und Schwindelgefühl. Andere wurden bewusstlos und verfielen dem Delirium, es kam auch zu Todesfällen.

Das Reinheitsgebot sollte dem Panschen ein Ende bereiten. Die Brauvorschrift war leider von kurzer Dauer. Durch herzoglichen Erlass, 35 Jahre später, wurde erlaubt, dem Bier Koriander und Lorbeer, als weitere Zutat zuzufügen.

Bald wurde auch Salz, Wacholder und wieder Kümmel verwendet. Es wurde kreuz und quer gebechert, ins Glas kam alles, was „fuselig“ machte! Erst Jahrhunderte später, erlangte das Reinheitsgebot, durch Otto von Bismarck, Reichskanzler, seine endgültige Blüte. Er benutzte den Gesetzestext für seinen Handelsboykott gegen England und das damalige beliebte englische Bier.

Ab 1906 galt das Reinheitsgesetz im gesamten Deutschen Reich und hat bis heute noch Gültigkeit! Das deutsche Bier gilt nach dem Reinheitsgebot zum weltweit besten Bier! 

Na, dann Prost!

Dieter Siebald

6 Antworten

  1. „Übrigens, in Hamburg gibt es heute noch eine Brauerei, die Fliegenpilze zum Brauen verwendet!“

    In Hamburg und Umgebung gibt es derzeit meines Wissens 17 Brauereien. Mir ist nicht bekannt, dass eine von ihnen Fliegenpilze verwendet. Das würde vermutlich schon gegen das Lebensmittelrecht verstossen.

    Aber vielleicht irre ich ja auch. Mich würde schon interessieren, welche Brauerei Fliegenpilze in welches Bier gibt.

    1. Guten Morgen André,
      ich habe den Gastbeitrag von Dieter unrecherchiert und unbearbeitet eingestellt und Dieter nun nach deinem Hinweis um Information zur Brauerei gebeten. Vorerst habe ich den Satz mit der Brauerei rausgenommen. Sobald Dieter uns hier weitere Infos zukommen lässt und wir das Brauen mit Fliegenpilzen bestätigen können informieren wir dich gerne und setzen den Satz auch wieder ein.
      Viele Grüße
      Yvonne
      Team Gastro Brennecke

  2. Der Satz mit der Verwendung des Fliegenpilzes und anderen Zutaten bezieht sich auf das Reinheitsgesetz von 1516, selbst der Landgraf vetstieß gegen das Gesetz und es hatte eigentlich nur Gültigkeit in Bayern.
    Endgültig wurde es im gesamten Deutschen Reich, 1918, durch einen Reichtagsabgeordneten, der es aus der Schublade holte, bis heute gültig und angewendet!

    1. Hallo Dieter,

      vielen Dank für den Hinweis zu den Fliegenpilzen und anderen unüblichen Zutaten, die vor der Einführung des Reinheitsgebots verwendet wurden. Tatsächlich spiegelt diese Praxis die Vielfalt und Experimentierfreude im mittelalterlichen Bierbrauen wider, bevor das Reinheitsgebot für eine Vereinheitlichung sorgte. Die Einhaltung dessen variierte regional, und es ist bemerkenswert, dass selbst hohe Amtsträger wie Landgrafen sich nicht immer an diese Vorgaben hielten. Leider konnten wir hierzu keine historisch belegten Stellen finden und haben dies daher nicht in den Beitrag mit aufgenommen, wie wir dir auch mitgeteilt haben. Aber natürlich nehmen wir gerne deinen Kommentar dazu auf.

      Liebe Grüße
      Yvonne
      Team Gastro Brennecke

  3. Noch ein Zusatz, das Reinheitsgesetz von 1516 ist nicht das älteste der Welt!
    Das älteste stamm aus Thüringen aus dem Jahre 1434, aus Weißensee!

    1. Hallo Dieter,
      Die Aussage, dass das Reinheitsgebot von 1516 nicht das älteste Lebensmittelgesetz der Welt ist, weil es ein älteres aus Thüringen aus dem Jahr 1434 aus Weißensee gibt, ist korrekt. Das deutsche Reinheitsgebot, oft zitiert als das älteste lebensmittelbezogene Gesetz, wurde am 23. April 1516 in Bayern eingeführt und schrieb vor, dass Bier nur aus Wasser, Hopfen und Gerste hergestellt werden darf.

      Das ältere Gesetz aus Weißensee, Thüringen, ist eine Brauordnung aus dem Jahr 1434. Dieses Dokument enthält Vorschriften für die Bierherstellung und legt fest, welche Zutaten verwendet werden dürfen. Es ist somit ein früher Vorläufer des bayerischen Reinheitsgebots und gilt als das älteste bekannte Gesetz, das sich speziell mit der Qualität von Lebensmitteln bzw. Getränken befasst.

      Dieser historische Kontext zeigt, dass die Tradition der Regulierung von Lebens- und Genussmitteln in Deutschland eine lange Geschichte hat und die Qualität und Reinheit dieser Produkte bereits seit Jahrhunderten ernst genommen wird.

      Liebe Grüße
      Yvonne
      Team Gastro Brennecke

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