Wenn Bier sich auf die Reise macht – Export im Porträt
Untergärig, bodenständig und trotzdem faszinierend: Export Bier ist ein wenig bekannter Bierstil, der dennoch einiges an Geschichte auf dem Buckel hat. Er trug wesentlich dazu bei, dass wir heute so viele verschiedene Sorten genießen dürfen. Als Bierliebhaber*in solltest du Export Bier zumindest einmal gekostet haben, um einem Stück Braugeschichte zu huldigen. Was es mit dem reisefreudigen Trunk auf sich hat und wie du ihn zu Hause selbst braust, liest du hier!
Viel Gebräu für wenig Geld oder: Was ist ein Export Bier?
Ursprünglich war hier der Name Programm. Denn das Export Bier war tatsächlich dafür gedacht, auf Reisen zu gehen und viele Kilometer später fremdländische Gaumen zu erfreuen. Das eigentliche Ziel: ein hoch konzentriertes Bier zu brauen, das am Zielort wieder mit Wasser verdünnt werden musste, um den ursprünglichen Geschmack zu erreichen. Der Vorteil: reduzierte Transportkosten und längere Haltbarkeit. Allerdings war es auch in der konzentrierten Variante dank seiner Vollmundigkeit so beliebt, dass sich daraus mit der Zeit ein eigener Bierstil entwickelte.
Wenn du dir die Parameter genauer betrachtest, kommst du sicher schnell auf den Gedanken: Das Export Bier ist ein stinknormales Lager! Es wurde lediglich ein bisschen stärker gebraut, um länger haltbar zu sein. Dadurch konnte es seinen Siegeszug in aller Herren Länder antreten. Ein weiteres Novum war der Einsatz untergäriger Hefe, was die Haltbarkeit zusätzlich verbesserte. Mit seinem Stammwürzegehalt von 12 – 14 % und knapp über 5 % Alkohol gehört es zu den kräftigeren Vertretern, ohne zu sehr über die Stränge zu schlagen. Die Farbe ist dabei nebensächlich und reicht von Goldgelb bis hin zu Bernsteinfarben. Sein Geschmack sollte gut balanciert sein und ändert sich je nach Brauort: rund und malzig mit leichter bis mittlerer Hopfenbittere. Der Gehalt an Kohlensäure ist traditionell eher moderat.
Leider werden außerhalb von Deutschland und Österreich auch viele andere Biere als Export bezeichnet. Das führte dazu, dass der eigentliche Bierstil stark verwässert wurde und nur mehr Kennern bekannt ist. Dennoch verleihen drei bekannte Städte dem Gebräu eine ganz eigene Geschichte:
Dortmunder Export – das Bier der Bergbauer
Als das Kohle und Stahlgewerbe in Deutschland seine Blütezeit hatte, wurde auch eine Reihe besonderer Gerstensäfte geboren. Heinrich Wenker samt Vater braute erstmals ein untergäriges Bier in der „Krone am Markt“, dessen Brauweise er aus München mitgebracht hatte. Damit schuf er einen goldgelben und malzig süßen Trunk, der jahrelang der Inbegriff des Feierabendbieres war. Hauptsächlich wurde es von den Bergarbeitern genossen, was ihm auch den Beinamen „Kumpelbier“ einbrachte – ein starker Durstlöscher, der mit Stolz aus normalen Rundgläsern konsumiert wurde. Jahrelang floss das Exportbier in Strömen. Es entspannte das hart arbeitende Volk und schenkte Motivation für den nächsten anstrengenden Tag. Dortmund avancierte dank des Exports zum Bierproduzenten Nr. 1 in ganz Europa, dessen Erfolg bis in die 70-er Jahre andauerte.
Traditionell besitzt das Dortmunder Export eine satte gelbe Farbe mit dezenter Hopfennote. Wie es sich für ein bodenständiges Gebräu gehört, trinkst du es aus einem ganz normalen Bierglas. Auch wenn du kein herausragend aromatisches Gebräu vor dir hast: Direkt aus der Flasche zu trinken, ist sogar beim Dortmunder Export ein No-Go! Kleiner Tipp am Rande: Das Wenkers am Markt verwöhnt seine Gäste heute noch mit urigen Speisen und traditionellen Bierspezialitäten. Du planst einen Trip nach Dortmund? Nutze deine Chance und verkoste vor Ort ein waschechtes Exportbier!
Münchner Export – wenig Hopfen, röstiger Geschmack
Das Wasser in München war schon immer stark kalkhaltig. Ein widriger Umstand, dem die ansässigen Braumeister mit dem Einsatz von dunklem Malz und wenig Hopfen begegneten. Dadurch wurden Disharmonien im Geschmack weitestgehend vermieden. Kein Wunder also, dass das Münchner Export hier keine Ausnahme war. Es entstand ein kräftig aromatisches Gebräu mit dunkler Farbe, dessen feine Röstnoten den malzigen Geschmack abrundeten. Noch heute wird dieses Exportbier in heller und dunkler Variante gerne serviert: typisch bayrisch als „Halbe“ in einem hübschen Steinkrug.
Wiener Export – kupferfarben und stark gehopft
Auch wenn das Wiener Export unter diesem Namen nicht mehr anzutreffen ist, rankt sich darum eine interessante Legende. Angeblich reisten die Söhne zweier Braumeister aus Wien und München nach England, um sich in Sachen technologischer Entwicklung fortzubilden. Sie wollte herausfinden, wie sie hellere und weniger rauchige Biersorten kreieren konnten – und dafür war ihnen jedes Mittel recht. Heimlich nahmen sie Proben des englischen Malzes und prägten sich das spezielle Darrverfahren ein, um zu Hause damit zu experimentieren. Heraus kam ein aus Wiener Malz gebrautes, typisch kupferrotes Bier mit starker Hopfennote.
Leider konnte dieses Export als Bierstil nicht bis heute erhalten werden. Doch wer beim Biergenuss aufmerksam bleibt, findet in Österreich immer noch Spuren des zeitgenössischen Trunkes. In der Tat sind viele österreichische Märzenbiere dem klassischen Wiener Typ nachempfunden.
Export Bier selbst brauen
Bist du bereit für ein Stück Biergeschichte? Wir präsentieren dir unser Rezept für Dortmunder Export. Dabei entstehen 20 Liter feinsten Gebräus. Goldgelb in der Farbe, malzig und leicht herb im Geschmack. Und mit gemäßigten 4 % Alkohol angenehm zu trinken. Nach rund 6 Wochen Reifezeit genießt du das Export Bier bei 8 °C aus einem bauchigen Bierglas oder einem Kelch. Bitte trinke auch diese Köstlichkeit niemals direkt aus der Flasche – es sei denn, du verzichtest gerne auf vollmundigen Geschmack und nuancierte Aromen! Du willst sofort loslegen? Wie immer findest du alle Zutaten und Gerätschaften in unserem Onlineshop. Schau gleich vorbei und freu dich auf einen geschichtsträchtigen Genuss aus deiner Home Brauerei!
Export Bier traditionell genießen
Selbstverständlich musst du dir dein selbst gebrautes Export Bier nicht für harte Tage aufheben. Dafür ist diese Spezialität definitiv zu schade! Gönne es dir, wann immer du Lust darauf hast. Export Bier steht für geselliges Beisammensein und symbolisiert die bodenständige Werte der Arbeiterklasse. Das spiegelt sich auch in der optimalen Essensbegleitung wider.
Gebackenes wie Schnitzel steht dem Export Bier nicht so gut. Dafür punktet es bei kalten und würzigen Speisen wie herzhaftem Wurstsalat oder würzigen Fleischplatten. Auch Käsegenießer*innen kommen voll auf ihre Kosten. Das fein herbe Aroma des Exportbiers harmoniert ideal mit Schafskäse oder Rotschmierkäse. Auch bei warmen Gerichten bieten sich einige geschmackliche Highlights: klassischer Eintopf, zünftiger Schweinsbraten oder zarter Kalbsbraten. Im Sommer genießt du es zu saftig gegrilltem Hähnchen oder Beef Tartar.