Kölsch – ein Bier zwischen Karneval, Dom und schlechtem Ruf
Was haben ein Bier, ein besonderer Dialekt und eine einzigartige Lebensart gemeinsam? Ganz einfach: den Namen! „Kölsch“ ist nicht umsonst die einzige trinkbare Sprache und prägt gleichzeitig einen ganzen Landstrich. Wer noch nie in einem Kölner Brauhaus ein authentisches Gebräu aus der traditionellen Stange genossen hat, sollte das definitiv nachholen. Aber wundere dich nicht, wenn du dabei schroff behandelt wirst – das hat alles Tradition, genauso wie das konstante Nachfüllen. Was es sonst noch über den hopfigen Trunk zu wissen gibt und warum du dein eigenes Kölsch gar nicht so nennen darfst, erfährst du in diesem Artikel!
Kölsch ist doch kein Bier!
Wahre Kenner lassen sich durch diese frevelhafte Behauptung schon lange nicht mehr auf die Palme bringen. Denn die vermeintliche Plörre wird sogar nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraut. Rein optisch hast du es hier mit einer spritzigen, klaren Blondine zu tun, die eine sahnige Schaumkrone trägt. Auf den ersten Schluck scheint der Geschmack wenig ausgeprägt, ja beinahe lasch zu sein. Doch richtig verkostet, spielt das Kölsch schnell seine Trümpfe aus: leicht fruchtig mit wenig malzigem Aroma, mit süßer Komponente und im Abgang etwas würzig. Der geringe Alkoholgehalt von unter 5 % hat ebenso einen Grund: Dieses Bier sollte zu jeder Gelegenheit genossen werden, ohne gleich einen dicken Schädel zu machen!
Nicht jeder darf Kölsch brauen!
Wie andere regionale Spezialitäten auch, unterliegt das Gebräu der Kölsch Konvention, die vom hiesigen Brauereiverband definiert wurde. Seit 1997 kommt die aus der EU stammende „geschützte geografische Angabe“ dazu: Nur Brauereien aus Köln und maximal 50 km Umkreis dürfen ihren Trunk auch „Kölsch“ nennen. Generell ist der Braustil sehr eng gesteckt: obergärig, hochvergoren, hopfig und blank (also gefiltert). Im Körper charakteristisch leicht und spritzig am Gaumen steht es als deutsches Pendant zum Pale Ale Modell. Eine Besonderheit findet sich dennoch im Brauprozess: Das Kölsch reift im kühlen Keller, obwohl es mit obergäriger Hefe bei 18-25 °C gebraut wird. Dies brachte ihm lange Zeit den fälschlichen Namen „Rheinisch Lagerbier“ ein, den es erst Anfang des 20. Jahrhunderts verlor.
Was ist Kölsch? Der Steckbrief auf einen Blick:
- Alkoholgehalt: 4-5 %
- Stammwürze: 11-13 °P
- IBU (Bitterkeit): 18-25
- EBC (Farbstärke): 6-9
- Geschmack: mild, leicht fruchtig, etwas süß
- Aussehen: hell, blank, blond, klar
- Hefe: obergärig
- Reifezeit: rund 4 Wochen
Zu Besuch im Kölner Brauhaus? Unvergesslich!
Wenn du die Möglichkeit einer traditionellen Brauhaustour in Köln hast, solltest du sie definitiv nützen. Denn es ist ein Erlebnis der besonderen Art, das Kölsch in seiner natürlichen Umgebung zu verkosten. Es beginnt bereits mit dem eigenen Kellner, auch Köbes genannt. Gekleidet mit blauem Wams und Schürze, trägt dieser seinen Servier- oder Kölschkranz: Eine runde Konstruktion, wo bis zu 12 Biere Platz finden. Ausgeschenkt wird in der sogenannten „Stange“. Dieses schmale, hohe Glas fasst gerade einmal 200 ml des spritzigen Gebräus. Falls du dich jetzt über die geringe Menge wunderst: Auch dafür gibt es einen Grund – beim Genuss des Kölsch bleibt nichts dem Zufall überlassen!
Die zylindrische Form des Trinkgefäßes unterscheidet sich von sämtlichen anderen Biergläsern. Dadurch unterstützt sie zwar die Entwicklung der Aromen, erwärmt aber das Bier durch den fehlenden Griff sehr schnell. Schließlich packst du bei jedem Schluck mit der gesamten Handfläche dran. Kölsch wird aber am besten kellerkalt (6-7 °C) genossen. Mit dem kleinen Volumen löst sich dieses Problem elegant von selbst. Denn das Bier ist bereits im Magen, bevor es warm werden kann.
Der Köbes selbst ist eine Institution. Sein Name bedeutet so viel wie „Jakob“ und er wird alternativ auch „Jesöffschlepper“ genannt. Seine schlechte Laune irritiert dich? Keine Sorge, es liegt nicht an dir persönlich. Diese ist Bestandteil der Tradition und gehört paradoxerweise zum guten Ton. Daher solltest du den Köbes bei der Arbeit auch nicht hetzen. Nur er selbst weiß, wann er wieder an deinen Tisch kommen wird. Und er wird so lange die leere Stange gegen eine volle austauschen, bis du den Bierdeckel obendrauf legst.
Zapfen für Anfänger – so gelingt das perfekte Kölsch
150 mm hoch und 50 mm im Durchmesser. Das sind die üblichen Maße einer 0,2 Liter fassenden Stange. Platz für Experimente bleibt da nicht viel. Der geringe CO2 Gehalt ist mit ein Grund für dieses einzigartige Trinkgefäß. Denn in den üblichen Bierkrügen würde es viel zu schnell schal werden. Seit dem 6.3.1986 ist sogar in der Kölsch Konvention festgehalten, dass dieses Bier nur in seinem traditionellen Glas ausgeschenkt werden dürfe.
Beim Zapfen selbst achtest du einfach darauf, keine Pausen zu machen. Die Kölschstange sollte möglichst kalt und natürlich sauber sein. Du positionierst sie leicht schräg unter dem Zapfhahn. Lasse nun das Bier gleichmäßig und gemächlich am Rand ins Glas laufen. Denn je weniger Sauerstoff dem Kölsch zugeführt wird, desto stabiler bleibt die sahnige Schaumkrone. Danach stellst du es kurz ab, um ihm dann noch eine finale Ladung obendrauf zu verpassen – fertig!
Lust, selbst Hand anzulegen? Kölsch ganz einfach selber brauen
Unser Rezept für Kölsch liefert 20 Liter feinsten Gebräus. Herrlich süffig und leicht fruchtig betört es deine Sinne. Niedriger Alkohol und milder Geschmack lassen es zu vielen Anlässen brillieren. Drei verschiedene Malzsorten bringen die nötige Würze mit. Hallertauer Traditionshopfen liefert das fruchtig-heuige Aroma für die Nase. Vier Wochen Reifezeit musst du dich gedulden, danach kannst du dein selbstgebrautes Kölsch auch schon probieren. Wie wäre es mit einem privaten Biertasting in deinem eigenen, stimmungsvollen Zuhause?
Bierpairing – das passt zum spritzig leichten Trunk
20 Liter selber gebrautes Kölsch klingt erstmal nach viel Menge. Aber du wirst gleich sehen, wie kreativ du dein Gebräu einsetzen kannst. Denn dank des milden Geschmacks fungiert es ideal als Aperitif. Dabei darfst du durchaus von der Tradition abweichen und statt der Stange einfach ein Sekt- oder Champagnerglas verwenden (wir werden es keinem verraten). Auch ein Schluck Aperol oder ein anderer Sirup deiner Wahl verwandelt das zurückhaltende Gebräu in einen Biercocktail mit Überraschungskick!
Beim Essen ist das Kölsch nicht wählerisch. Stelle ihm ein leichtes Gericht wie Hühnchensalat, Sushi oder gebratenen Fisch zur Seite und es wird den feinen Geschmack unterstreichen. Genauso funktioniert es mit deftiger Begleitung. Bratkartoffeln oder Reibekuchen vertragen sich ebenso gut mit den dezenten Aromen wie das traditionelle rheinische Gericht „Halve Hahn“: Das herzhafte Roggenbrötchen mit Gouda, Zwiebeln und Gewürzgurke, das auch in der Kneipe serviert wird.
Kölsch geht immer, nicht nur zum Karneval
Das Kölsch ist besser als sein Ruf. Es zeigt sich aufgeschlossen und gesellschaftsfähig. Jung und Alt vereinen sich am Tisch, um damit irgendetwas zu begießen. Dabei muss es sich nicht um einen besonderen Anlass handeln. Mit frischen Speisen lässt sich das Kölner Gebräu ebenso gerne sehen wie in der traditionellen Stange aus dem Kranz. Serviert vom grummeligen Kellner in eigener Ausstattung, ist der Besuch eines altehrwürdigen Brauhauses in der Kölner Innenstadt ein besonderes Erlebnis. Als Bierliebhaber*in solltest du es zumindest einmal in seiner artgerechten Umgebung verkosten. Denn wo das Bier in Strömen fließt, da lass dich gerne nieder!