Aus dem Fass direkt in die Schank - Kellerbier im Stilportrait
Auch wenn es reich an natürlichen Schwebstoffen ist: Ein frisch gezapftes Kellerbier ist bei Weitem kein Grund, trübe Gedanken zu hegen. Im Gegenteil: Erfreue dich an einem facettenreichen Sud, der sowohl bei traditionellen Biertrinker*innen als auch in der modernen Craft Beer Szene seine Anhängerschaft findet. Für uns Grund genug, einen genauen Blick auf das Kellerbier zu werfen und seinem etwas angestaubten Image eine Dosis Tageslicht zu gönnen!
Was ist Kellerbier?
Kellerbier ist eigentlich kein Bierstil. Es gilt als Version des deutschen Lagers und hat seinen Ursprung in Bayern, genauer gesagt in Franken. Der Name geht zurück auf die Reifefässer, die während des Mittelalters aus Mangel an Alternativen in dunklen, kühlen Kellern aufbewahrt wurden. Der höhere Hopfenanteil zeigt sich nicht nur im Geschmack, er macht das Bier auch länger haltbar. Serviert wurde direkt vom Fass. In Flaschen wurde das Kellerbier nur abgefüllt, wenn es für den Transport bestimmt war. So will es die Tradition, die heute gern gebrochen wird. Doch dazu später mehr.
Bleiben wir beim Kellerbier, das charakteristisch untergärig gebraut und weder pasteurisiert noch filtriert wird. Dadurch behält es seine natürliche Trübung, die ebenfalls typisch für das mild süffige Gebräu ist. Kellerbier gehört außerdem zu den ungespundeten Bieren. Das bedeutet: Während der Gärung im Fass wird das Spundloch offengelassen und das CO2 kann ungehindert entweichen. Im Bier selbst reichert sich dementsprechend wenig Kohlensäure an. Kein Wunder also, dass das Kellerbier nicht gerade berühmt für seine schöne Schaumkrone oder seine Spritzigkeit ist.
Bei der Farbe treibt es das Kellerbier gerne bunt. Denn die hängt von der verwendeten Malzsorte ab. Daher reicht die Tönung von hellem Gelb bis hin zu dunklem Bernstein. Auch ein leicht rötlicher Schimmer ist möglich, der dann auf einen gewissen Anteil an karamellisiertem Malz hindeutet. Mit einem Alkoholgehalt zwischen 4 und 6 % kann es das Gebräu mit dem Märzenbier aufnehmen. Durch die natürliche Trübung wird das Kellerbier auch gerne als „gesund“ bezeichnet. Denn es enthält noch jede Menge an Aminosäuren, Bierhefe und Vitaminen. Idealerweise trinkst du Kellerbier bei 8 – 10 °C aus einem Steingutbehälter.
Varianten des Kellerbiers
Zwickelbier: Der Begriff wird oft synonym zum Kellerbier genannt, doch das ist nicht ganz richtig. Genaugenommen ist der/das Zwickel (oder Zwickl) die Probe, die vor dem Filtern direkt aus dem Gärbottich entnommen wird. Dies geschieht durch den Zwickelhahn – so einfach lassen sich Namen herleiten. Der feine Unterschied zum Kellerbier: Zwickelbier enthält mehr Kohlensäure und weniger Hopfen. Außerdem wurde Zwickel ursprünglich gleich getrunken, während das Kellerbier länger gelagert wurde.
Zoigl: In der Oberpfalz wird das Kellerbier auch Zoigl genannt. Du findest es vorwiegend in kleinen Brauereien, wo noch ganz traditionell in der Sudpfanne über dem Holzfeuer gekocht, gehopft und gewürzt wird. Dann kommt der Sud in einen Gärbehälter und die Hefe darf 10 Tage lang arbeiten. Danach wird es in Fässer abgefüllt und im Keller gelagert, wo es noch mehrere Wochen nachreift.
Der Begriff Zoigl bedeutet im fränkischen Dialekt nichts anderes als Zeichen. Was das mit Bier zu tun hat? Ganz einfach: Der Zoigl war im Hausgebrauch der traditionellen Brauereien ein weißer Stern mit sechs Zacken, einem Bierkrug und/oder einem Tannenzweig in seiner Mitte. Er symbolisierte einerseits die drei Elemente, die beim Bierbrauen von Bedeutung sind: Wasser, Feuer und Luft. Andererseits standen drei Zacken für die wertvollen Zutaten Malz, Hopfen und Wasser. Hing dieser weiße Stern früher über dem Eingang eines Bauernhauses, war dies eine unausgesprochene Einladung: Hier gibt es frisches Bier – komm herein und gönne dir ein Glas!
Und wie schmeckts?
Was dem Kellerbier an Spritzigkeit durch die geringe Kohlensäure fehlt, macht es durch seine Geschmackvielfalt wieder wett. Das Aroma hängt stark vom verwendeten Malz ab. Nussige Noten sind ebenso drin wie zarte Honignuancen oder fruchtige Komponenten nach Äpfel und Birnen. Letztere stammen aus dem Hopfen, dessen Anteil im Kellerbier erhöht ist. Dennoch ist der Geschmack nicht übermäßig bitter. Im Gegenteil: Hopfen und Malz halten sich ausgesprochen fein die Waage und ergeben einen weichen Körper mit einer gewissen Fülle.
Die fehlende Kohlensäure macht das Kellerbier herrlich bekömmlich und süffig im Trunk. Durch die Schwebstoffe bekommt das Gebräu ein völlig anderes Aromenprofil. Sie verleihen ihm eine gewisse Vollmundigkeit, mit der gefilterte Biere nicht aufwarten können.
Kellerbier als Allrounder zum Essen
Durch seine Vielfalt ist das Kellerbier ein gern gesehener Begleiter beim Essen. Die klassische Variante mit kaum Kohlensäure und trockenem Abgang macht als Aperitif eine gute Figur und kann sich als Alternative zu Champagner und Co. durchaus sehen lassen. Mildere Sorten harmonieren ideal mit französischem Weichkäse und frischen Feigen, während du ein kräftigeres Zwicklbier zur typisch bayrischen Brotzeit genießt. Zum Dessert reichst du am besten ein Kellerbier mit nussiger Note oder Honigbetonung. Damit lassen sich einfache Kuchen genauso begleiten wie cremiges Eis.
Traditionelles Gebräu trifft auf Craft Beer Szene
Das beste Kellerbier trinkst du immer noch in den kleinen Traditionsbrauereien in Franken und in der Oberpfalz. Dort spürst du noch die Liebe zum Gebräu, das dir hier tatsächlich noch direkt aus dem Fass im Keller serviert wird. Ein Paradies für traditionelle Biergenießer*innen, die alten Werten noch etwas abgewinnen können.
Dem gegenüber steht die kreative Craft Beer Szene, die das Kellerbier ebenfalls für sich entdeckt hat. Abgefüllt in Flaschen stehen sie in Reih und Glied im Regal und warten darauf, sich an deinem Gaumen zu entfalten. Auch wenn dies mit der Tradition bricht: Auch die „neuen“ Varianten des Kellerbieres haben ihren Reiz. Sie lassen sich leicht trinken und bringen jede Menge Geschmack mit sich.
Du möchtest Kellerbier selbst brauen?
Kein Problem! Selbstverständlich haben wir ein Rezept für Kellerbier für dich auf unserem Blog. Unsere Variante besticht mit ihrer leichten Hopfenbittere aus zwei verschiedenen Sorten und einem trockenen Abgang. Außerdem verleihen wir unserem Kellerbier eine Barrique Note, indem wir den Hopfen mit Eichenholzchips garnieren.
Zusätzlich hast du die Wahl, ob du dein selbst gebrautes Kellerbier traditionsgemäß mit wenig Kohlensäure haben willst oder eher auf die erfrischend moderne Variante setzt. Wie auch immer du dich entscheidest: Kellerbier ist und bleibt eine spannende Biersorte, die dir auf jeden Fall einmal ins Glas kommen sollte. Wir wünschen sehr zum Wohle!
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