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Sensorik – Sinn und Nutzen beim Bier brauen

Bei deinem eigenen Bier ist die beste Analytik, deine eigene Sensorik. Auch in professionellen Brauereien lassen sich nicht alle Fragestellungen durch Laboranalyse beantworten. Dann ist einzig und allein die Sensorik gefragt. Doch wie gehst du bei deinem eigenen Bier vor? Als diplomierte Bier Sommelière kann ich dir ein paar Tipps verraten, wie du Sensorik für dich nutzen kannst und wie dadurch auch Braufehler erkennbar werden. 

Sensorik Panel 

Am besten sucht man sich eine Gruppe von ca. 10 Freunden:innen, die Spaß am Formulieren von geschmacklichen Eindrücken haben und natürlich gerne Bier trinken. Außerdem braucht ihr noch Referenz Gerüche, damit jeder die gleiche Sprache spricht. Zum Beispiel sollte beim Diacetyl Geschmack Butter erkannt und benannt werden können. Manchmal gibt es Menschen, die diesen klassischen Fehler nicht wahrnehmen können. Was Diacetyl genau darstellt und was das für dein Bier bedeutet erkläre ich später.  

Super Nasen? 

Vielleicht hast du auch eine Super Nase bei dir im Bekanntenkreis. Ca 10% aller Menschen haben diese Fähigkeit – alle anderen sind „normal“ ausgestattet. Ich selbst zähle auch zu den Normalnasen und erkenne trotzdem die Aromen und noch viel wichtiger beim Brauen, die Fehlaromen. Die Herren lassen bitte das Rasierwasser weg und die Damen dürfen heute ohne Parfüm und Lippenstift am Tisch sitzen. Rein biologisch gesehen sind Frauen übrigens die besseren Sensoriker, weil sie statistisch betrachtet mehr Geschmacksknospen haben, es mehr sogenannte „Supertaster oder „Super Nasen“ unter Frauen gibt. Eine gemischte Runde für deine Biere ist somit eine gute Wahl. 

Räumliche Voraussetzungen 

Das oberste Gebot bei solchen Treffen ist ausreichend Zeit mitzubringen und eine entspannte Atmosphäre beim Testen. Am besten ohne „Heavy Metall“ Musik oder jegliche andere Musik. Wer es ganz genau wissen will, sollte sein Zimmer vorher weiß streichen. Sprich alles was ablenkt, darf aus dem Raum.  

Sprache des Bieres 

Wichtig ist, das jede:r in der Lage ist den sensorischen Eindruck des Bieres gut zu beschreiben. Das klappt über gemeinsames üben, üben und üben. Ich nehme mir dazu jeden Tag ein anders Gewürz oder Zutat und rieche und verinnerliche durch Wiederholung dieses Aroma. Quasi Aromahausaufgaben! Denn jede:r kennt es: wir schmecken etwas im Bier oder im Essen und können uns nur an das Ereignis erinnern, wann wir dieses Aroma erleben konnten. Es genau zu benennen, fehlen uns jedoch die Worte.  

Vorarbeit 

Die Sensorik ist ein Zusammenspiel aus so vielen unterschiedlichen Einflussfaktoren. Den biologischen Voraussetzungen, dem Alltag, den äußeren Einflüssen im Moment des Verkostens– ob hierbei mehr oder weniger „Sensorikknospen“ am Tisch sitzen, spielt in all dem nur eine kleine Rolle. Wichtiger für alle, Männer und Frauen, sich mehr täglich bewusst zu machen, was man eigentlich zu sich nimmt. Grundsätzlich! Genuss bewusster erleben und darauf achten, was einem schmeckt und wie es sich auf der Zunge anfühlt. Und später ein Bier nach Butter schmeckt bzw. riecht, kann dieser Geschmack im Sensorik Panel auch benannt werden.  

Temperatur 

Weiterhin ist die Temperatur deines gereichten Bieres wichtig. Am besten bei 8 – 10°C, um die Aromen besser wahrnehmen zu können – meist somit über der idealen Trinktemperatur. Bei sehr malzigen Bieren wie Stout oder Porter aber auch dunklen Bockbieren kann die Verkostungstemperatur auch bei 12°C liegen. Am Tisch sollten alle, die gleiche Art des Glases vor sich haben. Die Gläser immer vorher mit klarem kaltem Wasser ausspülen und zur Geschmacksneutralisation Mineralwasser bereithalten. Die Raucher: innen unter deinem Sensorik Panel sowie die Kaffeetrinker: innen sollten erst nach getaner „Arbeit“ wieder zu greifen.  

Bier Frische 

Die Frische deines Bieres bzw. die Veränderung deines Bieres über die Zeit lässt sich durch Verkostungen und sensorischer Bewertungen in regelmäßigen Abständen überprüfen. Somit könntest du dir selbst ein Mindesthaltbarkeitsdatum geben. Oder zumindest weißt du bis wann welches Bier unbedingt ausgetrunken werden sollte, damit immer noch DER von dir gewünschte Geschmack in Bier vorhanden ist. 

Bier Alterung 

Spannend: wenn der pH-Wert deines Bieres höher ist, bilden sich die im Labor messbaren Alterungscarbonyle langsam bzw. sind weniger ausgebildet, als wenn der pH-Wert des Bieres höher ist. Jedoch sensorisch gesehen weisen Biere mit einem niedrigeren pH-Wert eine deutlich höhere Geschmacksstabilität auf. Das zeigt: traue deinem Geschmack, den die „Röhrchen“ aus dem Labor wissen nicht alles. 

Vorgehensweise 

Sobald du alle oben erwähnten Voraussetzungen geschaffen hast, nutze ein Verkostungsbogen mit den für dein Bier relevanten Begrifflichkeiten. Sukzessive findest du in diesem Block auch eine Übersicht von Fehlaromen. Wir erklären, was sie sind, wie sie entstehen, wie du sie erkennen kannst und wir du sie vermeidest oder reduzierst. Alle Teilnehmer füllen separat einen Bogen aus, so dass du später mit dem Mittelwert aller Bewertungen arbeiten und dein Brauprozess optimieren kannst. 

Noch mehr Bier Sensorik  

Wenn du jetzt sagst, ich liebe im Bier zu riechen und kann das Gerochene in Worte fassen auch ohne nahe an der Super Nase zu sein, schau dich doch einmal bei Brauereien um. Vielleicht hat sogar deine Lieblingsbrauerei ein Verkoster Panel aus Nicht-Mitarbeitern. Als Verkoster: in wirst du meist vorab geschult und kommst ein bis zwei Mal die Woche in die Brauerei. Hier bewertest du mit anderen Verkostern die Biere sensorisch. Dieses Mittel der Qualitätssicherung wird immer häufiger eingesetzt. 

Keine Sorge, die richtigen Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen zieht allein der Braumeister.  

Diacetyl oder die Butter im Bier 

Was ist denn jetzt Diacetyl und warum erscheint es im Bier?  Diacetyl erinnert an Butter oder Butterscotch. Das Aroma und der Geschmack der Butter stammen von einem chemischen Nebenprodukt der Gärung, das als Diacetyl bekannt ist. Bei einigen klassischen Biersorten sind extrem niedrige Diacetylwerte akzeptabel, und sogar einige Lagerbiere wie Pilsner Urquell bieten einen angenehmen Diacetyl-Hauch. Höhere Eindrücke von Butter sind jedoch in kaum einem anderem Bierstil wünschenswert. Diacetyl entwickelt sich in den frühen Stadien der Gärung und kann später durch ein Verfahren reduziert werden, das als „Diacetylrast“ bekannt ist. Wenn die Temperatur des Jungbiers und seiner Resthefe am Ende der Gärung für mindestens 24 Stunden bei etwa ca. 20°C liegt, kann die Hefe Diacetyl absorbieren und metabolisieren – was zu einem saubereren fertigen Bier führt.  

Butter für Sensorik 

Du kannst für dich und dein Sensorik Panel aus Butter ein Extrakt herstellen. Dieser kann zu Übungszwecken genutzt werden. Hierbei schmeckst du nicht an dem Extrakt selbst. Du nimmst ein neutrales Bier und gibst ein wenig von dem Butterextrakt hinein. Das selbsthergestellte Diacetylaroma sollte nicht zu dominant hervorstechen, sondern nur unterschwellig wahrnehmbar sein. Hierbei ist einfach ausprobieren gefragt. Somit hast du ein selbst hergestelltes Referenzaroma zum Üben. Mehr zu Referenzaromen um Fehlgeschmäcker im Bier festzustellen in den nächsten Blogs! 

Viel Spaß beim Sensoriken und Prost wünsche Anja!